Gesundheitswesen

Der Zustand unseres Gesundheits- und Pflegewesens hat mich dazu bewogen für den Deutschen Bundestag zu kandidieren. Warum?

Der aktuelle Bundestag hat 709 Abgeordnete. Darunter sind grade mal eine Handvoll Pflegekräfte. Pflege- und Therapieberufe haben keine Lobby, die vor Gesetzesänderungen mit den Abgeordneten Kontakt aufnimmt und denen ihre Sicht und Bedenken mitgibt. Gute Gesundheitspolitik braucht aber mehr als den Blick der Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und Pharmazeuten. Medizinisch haben wir eine der besten Versorgungen der Welt. Das deutsche Gesundheitswesen krankt vor allem an der schlechten Situation der Pflegeberufe. Corona hat die Flucht aus dem Pflegeberuf weltweit noch verschärft. Die Pflege- und Therapieberufe, sowie die Gesundheitshandwerker brauchen eine starke politische Stimme und zügig vielfältige Reformen.

Die Entscheidungen der deutschen Gesundheitspolitik betreffen nicht nur die Kliniken und Kassen, sondern auch die Kranken oder Pflegebedürftigen, deren Angehörige und alle Berufsgruppen. In den obersten Gremien, z.B. dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sitzen aber außer Vertretern der Ärzte, Kassen und Krankenhäuser keine dieser Gruppen. Die gravierenden Mängel in der deutschen Gesundheitsversorgung werden wir nur beseitigen können, wenn wir auch die Fachkräfte der anderen Berufe und die Betroffenenverbände gleichberechtigt über nötigen Veränderungen beraten lassen. Das ist die Grundlage aller weiteren Reformen.


Zur Gesundheitsversorgung gehören auch Therapieberufe wie Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Um sie zu stärken, möchte ich die Professionalisierung und Akademisierung der Therapieberufe beschleunigen. Die Ausbildung von Physiotherapeuten umfasst zB. vieles nicht, was in der täglichen Praxis zum Beruf gehört. Häufig müssen Arbeitnehmer und Arbeitgebern dafür nach der Ausbildung viel Zeit und Geld für Weiterbildungen aufwenden, die diese Versäumnisse der Ausbildung ausgleichen. Angesichts des Ärztemangels können akademisierte Therapeuten den direkten Zugang zum Heilmittelerbringer ermöglichen – ohne, dass man zB. bei wiederholten Beschwerden, immer für ein Rezept zum Arzt muss. Die Tatsache, dass die Heilberufe in fast allen Ländern der Welt akademisiert sind, erklärt zudem die Unattraktivität Deutschlands als Ausbildungs- und Arbeitsort. Unseren Schulabgängern fehlen so die Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte und weitreichende Weiterentwicklung in neue Berufsfelder. Wie in der Pflege schränken diese fehlenden Einsatzgebiete auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Dabei können akademisierte Heilberufler entscheidend zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen, da sie sich mit Gesundheitsforschung beschäftigen können, die für Ärzte und Pharmazeuten kein Thema sind.

Demenz ist eine Herausforderung für die Betroffenen, Ihre Angehörigen und Freunde sowie die ganze Gesellschaft. Daher müssen wir die gesellschaftliche Bewältigung demenzieller Erkrankungen zum Nationalen Gesundheitsziel machen. Dazu möchte ich beispielsweise die wissenschaftliche Erforschung von Demenzkrankheiten unterstützen. Auch unsere Kommunen brauchen Unterstützung beim Aufbau von lokalen Unterstützernetzwerken, die zum Beispiel von einer Gemeindeschwester koordiniert werden können. Amtsärzte haben aktuell zum Teil nur einen sehr unzureichenden Überblick über die Bedarfe und Strukturen pflegerischer und therapeutischer Erfahrung in ihren Regionen. Dass sie dennoch gut mit Arbeit ausgelastet sind, hat sich nicht zuletzt am Personalbedarf während Corona gezeigt. Deshalb sollten die Gesundheitsämter für qualifizierte Pflegefachpersonen Stellen schaffen, die diese Aufgaben übernehmen. So entstehen nicht nur Kapazitäten für die Beratung und Betreuung von Familien in herausfordernden Lebenslagen, sondern es entstehen für Pflegekräfte Alternativen zur Jobflucht, wenn das 3-Schichtsystem mit schwerer körperlicher Arbeit am Krankenbett, gerade nicht mehr zu leisten ist.

Die Digitalisierung ist eine Chance im Gesundheitswesen, um etwa Informationslücken zwischen Praxis und Krankenhaus zu beseitigen, für Patientensicherheit und Transparenz. Auch für die Gesundheitsbildung- und Weiterbildung und zur beruflichen Qualifizierung lässt sich die Digitalisierung nutzen. Daher möchte ich die Finanzierung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Einrichtungen des Gesundheitswesens sichern.

Das digitale Zeitalter birgt immense Chancen. Auch für die Arztpraxen, Krankenhäuser und in der ambulanten Pflege gibt es große Potentiale, die wir nutzen müssen. Leider haben wir den Beginn der digitalen Revolution in Deutschland ziemlich verschlafen.